Wer schon mal ein Bild aufgehängt hat, kennt das Problem: In einer hohlen Wand will einfach kein Dübel halten. Ganz ähnlich ist das auch bei Implantaten, wenn sich die Knochensubstanz durch fehlende Zähne zurückgebildet hat. Wie wir dem Wunsch nach hochwertigem, festsitzendem Zahnersatz in den meisten Fällen aber dennoch nachkommen können, erklärt Frank Jurzica.
Herr Jurzica, wie können Sie helfen, wenn die vorhandene Knochensubstanz für Implantate nicht ausreicht?
Da haben wir einige Möglichkeiten. Im Gegensatz zu Zähnen haben Knochen den großen Vorteil, dass sie in der Lage sind, sich zu regenerieren. Dazu brauchen sie allerdings unsere Hilfe. Sie müssen in einem geschützten Umfeld zum Wachstum angeregt werden. Diese Unterstützung leisten wir mit den verschiedenen Methoden des Knochenaufbaus, auch Augmentation genannt.
Wie ist der Ablauf, wenn Knochen für Zahnersatz aufgebaut werden muss?
Zunächst ist es wichtig, dass wir uns ein umfassendes Bild vom Status quo machen. Mit digitalen Röntgenaufnahmen, wie zum Beispiel bei der dreidimensionalen Volumentomografie (DVT), verschaffen wir uns einen präzisen Überblick über die Knochendichte, den Gewebezustand und den genauen Verlauf von Wurzeln und Nervenbahnen. Auf Basis der erhobenen Daten planen wir, welche Maßnahmen möglich und notwendig sind – und welche Herangehensweise den größten Erfolg verspricht. Dann besprechen wir mit unseren Patienten ihre individuellen Möglichkeiten.
Welche Möglichkeiten zum Knochenaufbau sind das in der Regel?
Es kommt immer darauf an, ob es sich um den Ober- oder Unterkiefer handelt, und auf das Ausmaß des Knochenabbaus. Bei kleineren Defekten lagern wir einfach Knochenspäne in der zu implantierenden Region ein, die dem nachwachsenden Knochen als „Klettergerüst“ dienen. Nach und nach durchdringen körpereigene Zellen dieses Gerüst und bauen das Knochenvolumen wieder auf.
Und welche Methoden eignen sich bei größeren Defekten?
Gerade im Oberkiefer erfordert der Knochenaufbau oft etwas aufwendigere chirurgische Maßnahmen. Denn der knöcherne Bereich am Boden der Kieferhöhle, in der die Zähne verankert sind, ist ohnehin nicht sehr dick. Durch natürliche Alterungsprozesse und fehlende Zähne verliert er zudem weiter an Volumen und die Kieferhöhle vergrößert sich. Damit ein Implantat hier genügend Halt findet, muss diese Region, der sogenannte Sinusboden, in vielen Fällen erst verstärkt werden. Eine der sichersten Methoden zum Knochenaufbau im Oberkiefer ist der Sinuslift – ein minimalinvasiver Eingriff, der kaum mit postoperativen Beschwerden verbunden ist. Bei dieser chirurgischen Technik wird die Kieferhöhlenbodenschleimhaut über ein kleines Fenster im Oberkieferknochen sanft angehoben und der entstandene Hohlraum mit Ersatzmaterial aufgefüllt und verstärkt. Nach etwa drei bis sechs Monaten ist die künstliche Wurzel dann fest mit dem umgebenden Knochen verwachsen und kann mit festsitzendem Zahnersatz versorgt werden, um die Lücke dauerhaft zu schließen. In manchen Fällen ist nicht die mangelnde Knochenhöhe das Problem, sondern die Knochenbreite. Ist der Kieferkamm zu schmal, kann dem Implantat der nötige Platz verschafft werden, indem der Kieferknochen in einem kleinen Eingriff behutsam auseinandergedrückt und die Einsatzstelle mit Knochen oder Ersatzmaterial aufgefüllt wird.
Gutes Stichwort: Welche Materialien eigenen sich für den Knochenaufbau eigentlich besonders gut?
deal ist der eigene Knochen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass er wieder abgestoßen wird, geht in der Regel gegen Null. Dazu wird vorsichtig die benötigte Knochenmenge an anderer Stelle aus dem Kiefer entnommen und in der erforderlichen Region wieder eingesetzt. Aber mittlerweile gibt es auch eine Reihe von synthetisch hergestellten Ersatzmaterialien, die dem menschlichen Knochen in seiner Zusammensetzung sehr ähnlich sind und mit denen nachweislich ebenfalls tragfähige und langfristige Ergebnisse erzielt werden können.